Samstag, 11. Juni 2016
Tingeltangel auf dem Fußballplatz
Fußball.
22 Männer, 1 Ball, 2 Tore.
Es wird gekickt, geflankt, gerotzt, geschwalbt.
Es wird gepasst, getreten, gedribbelt, geeckt.
Franzosen blau, viele schwarz, Rumänen gelb, Karten auch, keine rot, Rasen grün, Stadion bunt gemischt. Fußball Europameisterschaft !
Seit einigen Jahren massentaugliches, Euphorie auslösendes Spektakel, den Gladiatorenspielen als modernes Pendant gerne gleichgesetzt. Millionenschwere Fastnochkinder erfahren Vergötterung, werden gepampert und steigen auf in den Olymp der Popularität, ohne Zugriff auf Grammatik, dafür Werbeverträge mit Nussnougatcrèmelieferanten.
Fußball, heterosexuell, hart, teuer, mächtig und auf jeden Fall ernst zu nehmen !
Ja, wäre da nicht diese Eröffnungsfeier am gestrigen Abend gewesen.
Anstelle es überschaubar und einfach zu gestalten, Mann pustet in Trillerpfeife, Fußballspieler spielen Fußball, benötigt man offensichtlich bunten Tingeltangel.
Das Spielfeld wird also kurzerhand mit bedrucktem Tuch abgedeckt, Dekor Wandelgarten von Versailles, und man hetzt französisches Volk in hochwertigem Deko-Behrend über den Platz der Schande.
Da anscheinend alle professionell ausgebildeten Tänzerinnen gerade im Engagement, im Urlaub oder auf Kur sind, greift man auf die Brigade der Weinstampferinnen zurück, die haben nämlich auch ganz hübsche Beine, wenn schon nicht schmal, dann wenigstens kurz. Auf jeden Fall bestens geeignet und sehr ansehnlich für Can Can Kleidchen in Mini. Vorteilhaft werden bunte Strumpfhosen über pralle Waden gestülpt und dazu passende Gymnastikschläppchen über die Füße gezogen. Dann ertönt Offenbach und frei nach dem Motto: Wer nichts kann, kann Can Can, werden die Haxen geworfen. Die Beine hoch zu schmeißen wäre sinnlos, da sie eh gleich wieder runter müssen, die Knie und Füße zu strecken schadet nur den Gelenken. Der Choreograph, der geteert und gefedert gehört, dieser, nennen wir es mal Folklore, lässt nun Räder schlagen. Zeitgleich, nicht zu verwechseln mit synchron, schwingen sich die Grazien, kopfüber und todesmutig, nach vorne, um sich dann postwendend zurück zu rädern. Gut ein Fünftel bleibt dabei leider auf der Strecke, egal, Tanz ist nun mal nichts für Dilettanten. Dann das unumstrittene Highlight: Der Sprung in den Spagat. Ganz der Schwerkraft folgend, das kurze Röckchen lüpfend, hopsen die Damen, eine nach der anderen, in den gespreizten Ausfallschritt.
Bravo!
Indes wird in der Mitte dieses Tohuwabohus ein Karussell enthüllt, in dem ein Herr Guetta, seines Zeichens berühmter DJ, sofern man das als hauptberuflicher Plattenaufleger mit fast 50 denn überhaupt noch sein kann, den offiziellen EM Song präsentiert. Ihn umringt, eingehüllt in blaue Lamettakleider, eine Schar von ansehnlichen Frauen. Sieh an, hatten wohl doch noch ein paar Tänzerinnen Kapazitäten in ihren überfüllten Auftragsbüchern.
Alles tanzt, alles schwingt, alles schwabbelt. Frauen kostümiert als aufgespritzte Kusslippen, Männer kostümiert als überdimensionale Akkordeons. Die Männerquote fällt bei diesem Firlefanz per se etwas schlechter aus... Glück gehabt, Emanzipation sei Dank !
Nach 10 Minuten ist der Spuk dann endlich vorbei und es kann das passieren, worauf tausende gequälte Zuschauer bereits warten:
Ein Mann pustet in eine Trillerpfeife und Fußballspieler spielen Fußball !

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